Ich schwöre, er ist verschwunden.
Ich war nur kurz weg, kurz habe ich ihn allein gelassen, dort in der Nacht, er lag in der schmalen Gasse zwischen den hohen schwarzen Dunkelhäusern, ganz still. Vielleicht war er schon tot.
Er war erst fünfzehn. Vier Jahre älter als ich.
Ich wollte Hilfe holen, und als ich wiederkam, war er nicht mehr da.
Da war nur noch der Koffer. Ein großer, uralter, dunkelbrauner Lederkoffer mit Rollen.
Ein Koffer voller Geheimnisse.

Aber beginnen wir mit dem Beginn.
Es war mitten in der Zeit der Kälte, als alles begann.
In einer dieser Nächte, in denen der Nebel dick in den Straßen hängt, in denen die Häuser auf den Hügeln der Stadt noch dichter zusammenzurücken scheinen. In denen jeder froh ist um ein Dach über dem Kopf oder eine Decke.
Ich hatte eine Decke. Oder eigentlich einen Stofffetzen, braungrau mit rotem Muster, ich hatte ihn vor einer Woche gefunden und einen Kampf darum gekämpft.
Wir kämpfte viele Kämpfe, in den Straßen der Stadt.

 

 

Denn wenn man kein Bett hat und keine Mutter, die einem einmal am Tag eine Schale Reis vorsetzt, dann muss man kämpfen: um eine weggeworfene Banane, die man noch essen kann. Um eine leere Flasche, die man verkaufen kann. Um einen kleinen Geldschein, den ein feiner Herr fallen lässt, um uns Bettelkinder los zu sein.
Ich bin elf Jahre alt und ein bisschen zu klein und zu dünn für mein Alter, selbst für ein Bettelkind, und ich bin nie ein guter Kämpfer gewesen. Auch kein guter Bettler.
Nicht wie Ndrema.
Ndrema, hieß es, konnte sich schon mit zwei Jahren so fest an die Hosenbeine von reichen Leuten klammern, dass er bis zu zehn Metern mitgeschleift wurde, wenn sie ihm kein Geld gaben.
Jetzt, mit fünfzehn, war er der Anführer der Bettelclique der Kinder und hatte es nicht mehr nötig, sich an Hosenbeine zu klammern, er war groß und stark und drehte jede Menge krumme Dinger. Die anderen bewunderten ihn. Ich nicht.
Ich bewunderte Koto.
Koto war so alt wie Ndrema. Er war nicht Teil der Clique, er strich allein durch die Straßen, und eine Menge Leute sagten, er wäre seltsam. Zum Beispiel war er immer sauber angezogen. Er wusch seine Sachen unten in den Reisfeldern, die zwischen den