„Wer bist du?“
„Du hast meinen Pass in der Hand gehabt. Du weißt, wer ich bin.“
„Nein.“ José schüttete langsam den Kopf. „Ich weiß gar nichts. Ich weiß, dass ich dich aus dem Wasser gezogen habe, aber ich weiß nicht, wie du hineingekommen bist. Ich weiß, dass ich eine Kajüte verlassen habe, in der es keine Pistole gab, und dass da eine war, als ich zurückkam. Ich weiß, dass du Spanisch kannst, aber ich weiß nicht, woher. Ich weiß, dass du nicht gern redest, aber ich weiß nicht, worüber du nicht redest.“
Jonathan grinste unwillkürlich. José, dachte er, redete dafür umso lieber.
„Das sind zu viele Fragen“, sagte er. „Wichtig ist nur eines: Ich wollte nicht gerettet werden. Auch heute Morgen nicht. Bitte, bitte, hör auf, mich dauernd zu retten.“
„Gut“, sagte José. „Spring zurück ins Wasser und ertrink. Ich werde dich nicht daran hindern.“
„Nein?“ Jonathan stand auf und legte die Scheibe Brot, die er nicht angebissen hatte, zurück auf die Bank.

Der Pazifik war noch immer so blau und die Sonne so warm und alles so friedlich, dass er sich beinahe dumm vorkam. Aber er musste es tun. Jetzt, ehe er den Mut dazu nicht mehr aufbrachte. Er kletterte auf die Bank, stieg auf die Reling und sprang.
Das Wasser war kühl, aber nicht kalt. Er kam hoch und hörte José fluchen. Er sah die Mariposa davonsegeln. Er legte sich im Wasser auf den Rücken und sah in den Himmel, über den einzelne Wolken unterwegs waren. Er würde hier so liegen bleiben und in den Himmel sehen, bis … Im Augenwinkel sah er, wie die Mariposa wendete. Kurz darauf war sie wieder neben ihm, und er spürte, wie sich Josés Hand um seinen Arm schlossö Er versuchte wegzuschwimmen, er war ein guter Schwimmer. Aber José war stark. Sekunden später saß Jonathan wieder an Deck wie ein Fisch auf dem Trockenen.
Er blickte in Josés wütendes Gesicht und dann gab José ihm eine Ohrfeige. Irgendwoher kannte er diese Szene – war ihm nicht das Gleiche in einem Luftschutzkeller in Hamburg passiert, damals, in jener Nacht?
„Bei uns sagt man, Ohrfeigen sind für kleine Kinder und verrückte Frauen“, knurrte José. „Such dir aus, was du bist.“