Prolog

Man kann nach Madagaskar kommen und es vergöttern – seine bewaldeten Berge nahe der Küste, in denen die Lemuren morgens singen wie Wale, seine Lehmhäuser mit den bunt angestrichenen Holzbalkons, die sich aus den grünen Hügeln erheben wie Puppenhäuschen, seine Strände mit den handtellergroßen Muscheln im weißen Sand, seine Märkte voll duftender frischer Vanille, seine merkwürdigen Fadys, Gebote und Verbote der Ahnen, seine weiten Steppen voller fetthöckeriger, gutmütiger Zeburinder.

Man kann nach Madagaskar kommen und es hassen und fürchten – seine abgeholzten Flächen, seine Waldbrände, die überall schwelen, damit der Urwald auch noch am letzten Ort einem Reisfeld weicht, seine Milliarden von Bettlern, seinen Lärm, seine Abgase, die in den verstopften Straßen der Städte als dunkle Wolken defekter Dieselmotoren in der Luft wabern wie Wolken von Tintenfischtinte, seine offenen Müllhalden, in denen Kleinkinder in kohleschwarzen Lumpen nach Essbarem suchen wie Hunde.

Terje Sandholz kam dreimal in Madagaskar an, und was er für das Land empfand, war Liebe, eine wahre, echte Liebe, was beides, das Vergöttern und den Hass, mit einschließt, ein kompliziertes Gefühl, schön und schmerzhaft zugleich.

Er kam dreimal in Madagaskar an, und dreimal war es das erste Mal.

Denn man kann nicht zweimal im gleichen Fluss schwimmen, man kann nicht zweimal mit der gleichen Frau ins Bett steigen, und man kann nicht zweimal im gleichen Land ankommen.

Der Fluss, die Frau, das Land wird sich verändert haben.

In ihrer Veränderung liegt der Grund dafür, dass wir zu ihnen zurückkehren.

Ja, Terje Sandholz kam dreimal in Madagaskar an, und er kam dreimal in Antsirabe an, der Stadt, in der all seine Träume eine Heimat finden würden: Dreimal betrat er den Platz vor dem alten französischen Bahnhof, wo die Männer mit ihren Rikshas und Pferden und Kutschen auf zahlungsfähige Besucher warten – und Horden von schmutzigen, hungrigen Kindern auf ein paar Münzen.