Tatsächlich stand das Wasser jetzt nur noch wenige Zentimeter unter der Kante des Gehsteigs, und der Wind drückte ohne Unterlass immer mehr Wasser in den Fluss. Durch die Luft flogen Geschichten vom letzten Hochwasser, und man konnte meinen, sie erinnerten sich an nichts lieber als an ihre nassen Füße und ihre durchweichten Wohnzimmersessel.
Luisa ging nach Hause, um eilig ein Fischbrötchen zu essen.
“Vielleicht ist dies mein letztes Fischbrötchen”, erklärte sie. “Bevor ich ertrinke. Wir ertrinken alle.”
“Meinst du?”, fragte Martin, zerstreut wie immer. “Dann sollte ich vorher noch die Wäsche in die Waschmaschine stecken. Wenn ich ertrunken bin, wird keiner es tun.”
Herr Moosbach saß neben Luisa und knurrte, weil Luisa Oli mit ihrem Fischbrötchen fütterte. Da gab sie Herrn Moosbach ebenfalls ein großes Stück Fisch, weil es vielleicht auch sein letztes Fischbrötchen war. Und abei kam ihr eine Idee. “Die Arche!”, rief sie und stürzte aus der Tür. “Ich muss Mandy Bescheid sagen!”

Mandy war aber nicht zu Hause. Es war überhaupt niemand mehr zu Hause. Alle Anwohner von Ammerlo hatten sich in Gummistiefeln am Flussufer versammelt, das auch der Hafen war. Dort floss das Wasser jetzt die Slipanlage hoch, wo man sonst die Boote ins Wasser rollte. Vor den Türen aller Häuser in der Hafenstraße lagen stapelweise Säcke, um das Wasser aufzuhalten. Die Leute trugen Gummistiefel und erwartungsvolle Gesichter. Der Himmel hatte sich verdunkelt, so, als wäre es schon fast Nacht, und der Wind hatte noch mehr zugenommen. Er war jetzt ein richtiger Sturm. In der Ferne donnerte es. Äste und Hüte flogen durch die Luft. Vielleicht würde die Welt untergehen.
“Mandy!”, rief Luisa. “Aik? Lukas? Seid ihr hier irgendwo?”
Jemand kleines zupfte sie am Pullover. “Ich bin hier! Was ist denn los?”