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Der Anfang vom Ende beginnt damit, dass ich auf einem Autodach stehe.
Ich, achtzehn Jahre alt, der Held dieser Geschichte.
Strohhut, Dreitagebart, kurzes schwarzes Haar, ein wenig zerzaust vom Wind.
Ich stelle es mir gerne als Szene in einem Kinofilm vor.
Wie ich da stehe, charismatisch, gut aussehend, ein Abenteurer. Wie ich auf die Landschaft hinabsehe: Sie ist so grün, hügelig, lieblich.
Neben der gewundenen Straße stehen ordentliche Leitpfosten. Und unten im Tal eine Kirche, weiß und adrett, ein Dorf, eine Tankstelle.
Unter mir: eine Menge herandrängender, warmer, brauner Leiber. Nein, es sind keine Mädchen.
Und, na ja, wenn da eine Kamera wäre, würde sie wahrscheinlich die Panik in meinen Augen zeigen. Und meine verschorfte rechte Wange, die ein wenig wirkt, als hätte ich beim Radfahren mit dem Gesicht gebremst.
Möglicherweise, vielleicht, eventuell … würde ich im Film weniger charismatisch wirken als lächerlich.

Aber, seien wir ehrlich: Keiner macht eine besonders gute Figur, wenn er auf dem Dach eines alten und zudem noch beigefarbenen Fiat steht, der in einer Kuhherde feststeckt.
Es wird nicht besser davon, dass sich weiter unten auf der Straße ein Polizeiauto nähert, das ein eindeutiges Ziel hat. Den Fiat und mich.
Und den kleinen Jungen, der neben mir auf dem Dach steht und wie ich mit den Armen wedelt, um die Kühe zu vertreiben.
Der Fiat ist leider nicht ganz legal ausgeliehen, aber das ist, wie die Deutschen sagen, nur die Spitze des Eisbärs. Da sind mehr und andere Vergehen auf der Liste, die sie über uns haben.
„Haut ab, Ihr blöden Viecher!“, schreie ich die Kühe an. „Wenn die Polizei uns kriegt, ist es aus mit uns, aus und vorbei!“
Doch die deutschen Kühe verstehen mich nicht.
Denn ich schreie auf Persisch.

Persien. Iran.
Ein wunderbares Land. Weit weg.
Irgendwo dort sitzt meine Mutter und wartet auf Nachricht von mir. Irgendwo dort sitzen meine Onkel und Tanten und Cousinen und Cousins und Neffen und Nichten und warten darauf, dass ich Fotos