Tante Fee wohnt in München und tut Dinge wie eben Seidentücher um ihren Kopf wickeln oder meditieren. Ich merkte, dass Imke zu mir sah, und sah schnell weg. Ich hatte keine Lust, sie oder ihre Rüschenschwestern besser kennenzulernen. Ich glaube, sie hatten auch keine Lust, mich kennenzulernen. Und dass Luke jemanden kennenlernte, stand nicht zur Debatte, er lebte zusammen mit seinem Smartphone in einer eigenen Welt.

»Hey«, sagte mein Vater, der Riese. »Das Haus wartet auf uns. Was denkt ihr? Wie sieht es aus?«

»Alt«, sagten Imke und ich gleichzeitig, was mich ärgerte, weil ich nichts gleichzeitig mit Imke sagen wollte.

»Das auf jeden Fall«, sagte der Riese und streichelte seinen roten Vollbart. »Ich glaube, es wird wahnsinnig aufregend. Ich habe zwar immer noch nicht begriffen, warum wir es geerbt haben … Ich meine, die alte Lene, die da gewohnt hat, die war … was? Die Excousine eurer Adoptivgroßmutter?«

»Quatschkopf!«, sagte Betti und fuhr in ein weiteres Schlagloch. »Na ja, sie war nur ziemlich entfernt mit uns verwandt, stimmt schon. Wir haben das Haus geerbt, weil sie niemand anderen hatte, das habe ich dir schon tausendmal erzählt. Sie war ganz allein, die Lene Franzberger. Sagt jedenfalls der Anwalt. Sie kannte keinen.«

»Sie kannte uns doch auch nicht«, sagte ich.

»Eben«, sagte Imke, »warum müssen wir uns jetzt darum kümmern, dass es an die richtigen Leute verkauft wird?«

»Müssen wir nicht, wir wollen«, sagte Betti. »Weil es ein Abenteuer ist. Und weil es doch gerecht ist, dass sich wenigstens jemand um Lenes Haus kümmert, wenn sich schon niemand um Lene gekümmert hatte.«

»Sie wollte vielleicht gar nicht, dass sich jemand um sie kümmert«, sagte der Riese. »Sie war ein bisschen seltsam. Das hat dieser Anwalt auch erzählt.«

»Sie hatte ein Geheimnis, bestimmt«, flüsterte ich. Aber niemand hörte es.