Jetzt, bei Tag, sah Sophie, dass dort noch etwas wuchs – etwas wie Baumstämme. Sie trat näher und beguckte sich einen der Stämme genauer, und da war es kein Baumstamm, sondern ein Stück von einem Pfahl, den jemand vor langer Zeit in die Erde gerammt hatte. Jetzt war er morsch und brüchig geworden und ungefähr auf Kniehöhe abgebrochen, genau wie die anderen Pfähle. Sie alle wiesen mit ihren zersplitterten Enden stumm in die Höhe, wo nichts mehr war. Was hatten diese Pfähle einst gehalten?
Sie bildeten einen schönen Kreis, und Sophie zählte acht Stück. Da musste sie etwas hinunterschlucken, das sich wie Angst anfühlte, denn die Zahl acht mochte sie seit neuestem gar nicht mehr besonders.
Und dann merkte sie, dass um sie her die Geräusche des Waldes verloschen waren. Die vögel in den Bäumen hatten mit einem Mal aufgehört, zu singen, und das Geraschel im Unterholz am Fuße des Hügels war verstummt.

Plötzlich hörte sie, wie das alte Holz im Wind ächzte und knarzte, als würde es stöhnen. Aber etwas, dachte Sophie, das auf Kniehöhe aufhört, kann nicht im Wind ächzen und stöhnen. Nein: Das Stöhnen kam von weiter oben, von dort, wo vielleicht früher einmal Holz gewesen war. Sie legte den Kopf schief und lauschte. Konnte man in die Vergangenheit horchen?
Da war noch ein Geräusch, ein tiefes Knarzen.
Sophie überwand ihre Angst beinahe mit Gewalt und trat ganz nahe an einen der Holzstümpfe, und da merkte sie, dass das Knarzen seinen Platz wechselte. Es kam zuerst von rechts, dann von links .. wie von etwas, das herabhängt und hin und her baumelt.
Sie schüttelte sich. Was war das?