In Madagaskar ist es warm

Madagaskar? Afrika? Ach, da ist es doch so heiß, da wollt Ihr hin? Und Regenwald ist da, feucht und so, und ganz viele Affen, oder? Und die sprechen Französisch?

Kurz gesagt: Z. Oder Zi.

Das heißt auf Malgache: Nein.

Die Madagassen sind SEHR beleidigt, wenn man erwähnt, dass ihre Insel zu Afrika gehört, es ist ausgesprochen kalt und im August so trocken, dass auf den Feldern Instantreispulver wächst, den Regenwald haben sie schon vor hundert Jahren entfernt (es hält sich besser sauber ohne Wald. Madagassen fegen gerne), die Affen gibt es vielleicht irgendwo, aber nicht da, wo ich bin, und ob man französisch spricht, ist eine unbeantwortbare Frage. Sie sprechen irgendetwas, das eventuell einmal französisch war, ehe es mit rotem Staub bedeckt und verschluckt wurde. Und natürlich Malgache.

Malgache sollte man lernen. Dringend. Wir mühen uns. Leider haben die meisten Worte mindestens 15 Silben, von denen man in der Aussprache zwar 5 weglassen kann, aber nie weiß, welche, und den Rest irgendwie betont, auf jeden Fall aber nicht so, wie er auf dem Papier steht.

Wir bemühen unseren Sprachführer, üben einen ganzen malegassischen Stau hindurch, suchen die wichtigsten Wörter und können jetzt sagen: Manana thal lei raku keli (das schreibt man natürlich eigentlich anders).

Es heißt: Das ehrenwerte Hühnchen besitzt ein Zelt.

Man sollte sich auch mit der madegassischen Tradition beschäftigen, heute habe ich in der Hauptstadt ein wenig historische Fortbildung betrieben und mir den? Die? Das? Rova angesehen, den KönigInnenPalast. Der kostet sehr viel Eintritt am Tor, dann nochmal sehr viel Geld für den Führer, und dann stellt man fest, dass er erstens gar nicht der Palast ist, denn der war aus Holz und ist abgebrannt, und dass er zweitens, als restaurierte Version, irgendwann in den nächsten zwanzig Jahren fertig sein wird. Jetzt nicht.

Dafür besichtigen mein Guide und ich den Palast des allerersten Königs, der ist Original, also, originalnachgebaut. Aus Holz. Der Palast besteht aus einem Raum, der dafür aber sehr hoch ist. Ein erstes Stockwerk darf es aber nicht geben, weil alle Menschen gleich sind.

Besonders gleich war der König, der wohnte auf einem Hochbett, ganz ähnlich wie Ikea, nur etwas dunkler im Ton. Offenbar war der erste König sehr ängstlich, denn immer, wenn Besucher kamen, musste die Königin hinaus, um den Besuch ins Haus zu lassen.

Der König kletterte dann wieselflink von seinem Hochbett eine Art Hühnerleiter hinauf bis unters Dach, in fünfzehn Meter Höhe, und entschied von da aus, ob es sich bei den Besuchern um Freund oder Fein handelte. Er nahm immer einen Spielstein der madegassischen Entsprechung des Damespiels mit, und wenn ihm der Besuch genehm war, warf er den Stein von oben auf die Königin. Landete also der Stein auf ihrem Kopf, führte sie den Besuch in den Garten hinaus, der König kletterte hinunter, und wenn der Besuch wieder hereinkam, begrüßte er ihn.

Was passierte, wenn der König keinen Stein warf, weiß ich nicht. Vermutlich wurde der Besuch umgehend enthauptet oder versklavt. Was auch geschehen kann, wenn man den Palast mit dem linken Fuß betritt, keine Opfergabe unter dem Königsbett ablegt oder mit dem Finger auf ein historisches Grabmal zeigt statt mit der ganzen Hand. Ich bin der Versklavung gerade noch entronnen und muss versprechen, mir die vielen Regeln gut einzuprägen.

Es kann also losgehen mit den zwei Jahren Madagaskar.

Auf nach Antsirabé, unserem neuen Heimatort, vier Stunden von Tana entfernt!