Es ist soweit: Wir bekommen endlich eine richtige Gasheizung. Mein Mann hat monatelang Systeme verglichen, genau wie damals, als er ein halbes Jahr damit verbrachte, die Steckdosen auszusuchen. Wir haben jetzt die schönsten Steckdosen der Welt, nur leider funktioniert die Hälfte davon nicht. Basierend auf dem gleichen Prinzip von Internetvergleichen besitzen wir auch WWF-Besteck, oder irgendwie so ähnlich.
Nach der Auswahl der besten aller möglichen Heizungen berechnet mein Mann die Raumvolumina. Unsere Zimmer scheinen innen größer zu sein als außen, denn die notwendige Heizkörpergröße ist … erstaunlich.
Die Heizung für die Küche wird zehn Meter lang und neun Meter breit, erklärt mein Mann. Na ja, vielleicht nehmen wir besser zwei Heizkörper von zwanzig Meter Länge und achtzehn Meter Breite … Wir könnten sie an die Decke hängen, da fallen sie gar nicht auf.
„Ach“, sage ich, „Wir werfen einfach alle Möbel weg und benützen die Heizkörper als Tische und Stühle.“
Als sie angeliefert werden, sind die Heizungen doch nicht ganz so groß. Dafür nehmen die Installateure recht viel Raum ein: Sie ziehen ein und ich ziehe aus.
Ich verlege den Arbeitsplatz des Murmelkindes von acht bis vier Uhr in den Kindergarten und meinen eigenen in eine Bäckerei in Wolgast. Gestern hat mir jemand einen Euro in meine leere Kaffeetasse geworfen. Wenn ich schließlich gegen sechs Uhr nach einem langen Spaziergang mit der Murmel nach Hause komme, ist meist die Vordertür verbarrikadiert, und von drinnen ruft ein genervter Handwerker: „Wir sind noch nicht so weit!“
Unser Haus ärgert sie zunehmend. „Da ist ja alles krumm und schief, keine Wand gerade! Wie soll man denn da gerade Heizungsrohre verlegen?“
„Verlegen Sie sie doch schief“, sage ich.
„Schief? Das ist gegen unsere Berufsehre!“, schreit der Chef. „Wir müssen jetzt per Hand Stufen in die Rohre biegen und Locken hineindrehen, damit sie streckenweise gerade sind! Deshalb dauert alles viel länger …“
„Gehen Sie doch trotzdem nach Hause“, sage ich. „Es ist schon nach sieben.“
„Nein!“, brüllt er. „Man hat ja wohl auch noch so was wie eine Arbeitsethik! Wir KÖNNEN jetzt noch nicht aufhören! Kommen sie später wieder!“
Ich schiebe den Murmelwagen durch den peitschenden Regen hinaus in die Dunkelheit.
Als mein Mann viel später aus der Klinik nach Hause kommt, ist er begeistert von den Locken und Stufen in den Rohren. „Hattet ihr einen erholsamen Tag?“, fragt er.
Schließlich verlassen wir die Handwerker und fahren zu einem Geburtstagsbesuch in die Eifel.
Eine Woche später fahren wir zurück; die Heizung ist fertig, halleluja. Die Handwerker haben die Hintertür benützt und den Schlüssel beim Nachbarn gelassen. Wir haben den ganzen Tag im Auto verbracht und freuen uns abends auf ein warmes Haus. Es ist auch warm. Leider ist es nicht betretbar. Die Handwerker haben die Vordertür ordentlich von innen verriegelt. Der Nachbar mit dem Hintertürschlüssel ist nicht da.
Fluchend bauen wir ein kleines Zelt auf der nassen Wiese auf. Durch die Fenster sehen wir, wie sich drinnen unsere Spinnen und Küchenschaben in der neuen Wärme räkeln. Der Schlüsselnachbar ist, samt Schlüssel, im Urlaub. Seitdem leben wir in einem ungeheizten Zelt auf der Wiese …
Nein, das ist gelogen, der Nachbar ist zurückgekommen wir sind wieder einzogen.
Nur müssen wir jetzt unser Leben nach dem Willen der zentralen Heizschaltung einrichten. Wenn wir den Kamin anmachen, stellt die Heizung sich ab. Und zwar in allen Räumen, nicht nur in der Küche mit dem Kamin. Bad und Kinderzimmer sind also eiskalt.
Dann müssen wir die Soll-Temperatur des Sensors höher einstellen, sagt mein Mann. Aber jetzt ist es überall 40 Grad warm. Dann müssen wir die Ist-Temperatur des Heizkessels herunterstellen, sagt mein Mann. Das führt dazu, dass die Heizleitungen streiken. Wir sollten wohl kompensatorisch die mittlere Zwangstemperatur der einzelnen Thermostaten wieder raufstellen, flüstert mein Mann erschöpft, und die Wunschtemperatur der Aufwärmkammer runter … Besser, wir schaffen den Kamin ab.
Komisch, früher taten die Geräte in unserem Haus das, was ich wollte, wenn ich es wollte. Heute tue ich, was die Geräte wollen: Ich lade Updates auf den Computer, wenn er es fordert, ich mache den Kamin nicht mehr an, weil dann die Heizung beleidigt ist, ich höre den AB ab, wenn er geruht, mich anzurufen (ab und zu spricht der AB übrigens auf sich selbst).
Ich stelle mir eine voll-elektronische Zukunft vor, in der wir darauf lauern, dass die elektronisch gesicherten Haustüren es für nötig halten, sich zu öffnen. Wir werden lesen, wenn die Leselampen finden, wir sollten lesen, und duschen, wenn die Leitungen es als nicht zu lästig empfinden, warmes Wasser auszuspucken. Und wenn es 80 Grad heiß ist, dann duschen wir eben bei 80 Grad, denn die zentral regulierte Warmwasseranlage weiß schließlich, was gut für uns ist. Unsere Computer werden sich dann an oder abschalten, wenn sie es wol