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Als mein Mann noch in Afrika Malariamücken erforschte, war ich schon im Besitz mehrerer Ordner für den Hausbau. Ich fand mich sehr tüchtig.
“Was für Ordner sind es denn?”, fragte mein Mann, als er einzog.
“Sehr hübsche”, antwortete ich. “Einer mit Kastanien drauf, einer mit Zitronen …”
“Das – äh – meinte ich nicht”, sagte er. “Ich meinte: Was ist drin?”
“Och, so dies und das”, erwiderte ich. “Rechnungen und Versicherungskram … ”
“Hast du sie irgendwie sortiert?”, fragte er.
“Ja”, sagte ich stolz. “Nach Farbe und Größe.”
Das machte ihn nicht froh. Er ging ins Internet und kam einige Tage nicht wieder heraus, und schließlich verkündete er: “Wir könnten tausend Dinge beantragen. Zum Beispiel die Eigenheimzulage. Aber dafür brauchen wir die Rechnungsnummern aller Wasserrohre, die fortlaufenden Sack-Nummern des Betons, die Steuernummer des Elektrikers und die Sicherheitsstufenzahl der Kleinkläranlage … für jedes Kind bekommt man noch eine Kinder-Zulage, sobald man seine Rentenversicherungsnummer weiß …” “Wir haben doch noch gar keine Kinder”, sagte ich. “Ach, die Kinder sind egal”, meinte er. “Wichtig sind die Nummern.” Dann ordnete er sämtliche Ordner neu und heftete alles hinein, was er in die Finger bekam. “Hier sind jetzt die Versicherungsnummern”, erklärte er. “Hier die Telefonrechnungsnummern, dort die Kontoauszüge, da die Autonummer, gleich neben dem zuletzt abgelesenen Wasserstand und unserer Faxdurchwahl …” Das Telefon klingelte. “Ja?”, sagte er hinein. “Richtig, wo wir gerade dabei sind, Dinge zu ordnen, möchte ich den Sitz meiner Krankenkasse wechseln. Meine Versicherungsnummer lautet 000729, meine Kartennummer 927399 …” Er blätterte in dem Ordner. “Unsere Hausnummer 4 …” Kurz darauf klingelte es wieder. “Ja? Ja, wir brauchen einen neuen Personalausweis für meine Frau … wie ist deine Passnummer?” “31817 444” , antwortete ich. “Deine Schuhgröße?” “39 ein halb.” “Deine Blutgruppe?” “Neunzehn …”
Beim nächsten Sonntagsfrühstück öffneten wir in trauter Zweisamkeit unsere Post. “Oh!”, rief mein Mann begeistert. “Mein Arztausweis, mit Ausweisnummer! Und Aufkleber mit Barcodes! Ab jetzt braucht man bei medizinischen Kongressen nie mehr zu unterschreiben. Denk dir, man klebt einfach seinen Barcode in die Teilnehmerliste …”
Ich wedelte triumphierend mit meinem eigenen Brief. “Ich habe eine persönliche Steuer-Identifikationsnummer erhalten!”, jubilierte ich “Und hier, frische TAN-Nummern! Und da: Die private Geheimnummer meines neuen individuellen Internetkundenkontos! Das ist ja wie Weihnachten!” Glücklich hefteten wir uns gegenseitig in einem besonders großen Ordner ab und schlossen die Klappe. Es geht doch nichts über persönliche Individualtiät und Privatsphäre.