Alles ausgebügelt?!

Zum Geburtstag bekommt mein Mann von seiner Mutter ein Dampfbügeleisen: Ein außerirdisches Gerät mit einer blinkenden Basestation, samt Antenne. Die Basestation ist so groß wie ein mittelgroßer Hund. Ein hässlicher, mittelgroßer Hund.
“Was für ein praktisches Gerät”, sagt mein Mann.
“Es regnet durchs Dach”, sage ich. “Man muss etwas tun.”
“Später”, meint er, “jetzt muss ich ein Bügelbrett kaufen, damit das Bügeleisen sich wohl fühlt.”
Er baut Basestation und Bügelbrett im Gästezimmer auf und erscheint erst nach einer Stunde wieder. Aus dem Gästezimmer quellen weiße Dampfwolken. Aber die Hemden sind jetzt so glatt, dass er sie in einem Aktenordner abheften kann.
“Wolltest du heute nicht den umgepflügten Hof eggen?”, frage ich, “Zusammen mit H.?”
“Später”, sagt mein Mann. “Jetzt muss ich Bügeleisen-Wellness-Spray kaufen.”
Ich räume die Basestation und das Bügeleisen in den Schrank, aber mein Mann sagt, dort bekämen sie nicht genug frische Luft. Ich räume sie hinter die Kommode, aber mein Mann sagt, dort könnten sie sich nicht bewegen. Wir können nicht mal mehr Leute einladen, denn im Gästezimmer wohnt ja das Dampfbügeleisen. Es braucht seine Privatsphäre. Dafür bügelt mein Mann nun auch das Klopapier und das Besteck. Als er gerade seine Frühstücks-Cornflakes bügelt, bemerke ich dunkle Flecken in der Wand. “Salpeter”, sagt mein Mann. “Das kommt von der Feuchtigkeit.” Gleichzeitig klopft unser Bekannter H. ans Fenster.
“Gras gesät und geeggt hab ich jetzt allein”, sagt er. “Leider habe ich die Kletterrose am Haus dabei umgefahren … Jetzt muss man nur noch walzen. Kennt ihr wen, der eine Walze hat?”
“Wir könnten das Nudelholz nehmen”, sage ich. “Es regnet durchs Dach, niemand hat eine Walze, die Rose ist tot, der Salpeter kriecht durch die Wände – und was haben wir? Ein Dampfbügeleisen!”
“Schrei doch nicht so!”, flüstert mein Mann. “Du erschreckst es. Es hat ein zartes Gemüt.”
“Jetzt reicht es!”, schreie ich. “Du verwöhnst dieses Bügeleisen!”
Und ich rupfe es von der Basestation und bügle damit den Hof. Danach bügle ich Bügelflicken unter das Dach. Und dann bügle ich alle Wände trocken. Ich beginne, das Bügeleisen zu mögen. Nur der Rose, die H. umgebracht hat, kann es nicht helfen. Wie H. wohl in gebügelt aussieht?
Abends erscheint auf dem Internet-Regenradar eine pilzförmige Wolke über Vorpommern. “Oh!”, sagt mein Mann. “Das muss unser Bügeldampf sein! Weißt du noch, Tschernobyl? Das war gar kein Atomkraftwerk, das war ein russisches Dampfbügeleisen … ”
Wir bringen das Bügeleisen zu Bett und lächeln uns an. Schuldenberge? Altersfalten? Kein Problem für uns. In Bayern gibt es doch diese kitschigen Alpen, die haben mir noch nie gefallen …