La langue malgache

Malgache ist ganz leicht zu lernen.

Es gibt nämlich nichts. Keine Unterscheidung zwischen weiblich und männlich, keinen Plural, keine Fälle, keinen Konjunktiv, noch nicht einmal richtige Verben, die man konjugieren könnte.

Total leicht.

Aber dann sitze ich im Malgachekurs bei einem strengen älteren Herrn, und er öffnet den Mund und rattert eine unübersichtliche Anzahl Silben herunter. Die vier Französinnen, die mit mir im Kurs sind (hübsch, jung, immer perfekt angezogen), rattern die Silben nach. Ich habe die erste Stunde verpasst, und sehe mich verwirrt um. Der Lehrer rattert wieder Silben. Die Franzosen rattern nach. An die Tafel wird nichts geschrieben, da müsste der Lehrer ja was tun, so was geht gar nicht.

 Vor mir auf dem Papier stehenSätze, die aber mit dem, was gerattert wird, nichts zu tun haben. (die Hälfte fehlt durch einen Kopierfehler, aber das ist auch schon egal).

 Man erklärt mir, dass das sosein muss, die Madegassen lassen 80 Prozent jedes Wortes weg, den Rest sprechen sie völlig anders aus, als er geschrieben wird.

 Wobei das Französisch, dassder Lehrer nutzt, es ebenfalls in sich hat, das spricht er nämlich genauso schnell wie Malgache, und es ist eine Art Französisch, die eigentlich ausgestorben ist. Grammatikalische Wendungen wie „il se peut que“ … „es könntemöglicher Weise sein, dass“ (natürlich mit Subjonctif) starren mir von den Arbeitsblättern entgegen. Die perfekt angezogenen Französinnen tun, als sei das ganz normal. Vielleicht gehen die zu Hause ja in die Bäckerei und sagen fließend: Es könnte möglicher Weise sein, dass ich ein Brötchen zu kaufen wünschen möge. Bei Franzosen weiß man nie.

Es kommt also bei allem auf Geschwindigkeit an. Wenn man Dinge zu langsam sagt, oder möglicher Weise sogar deutlich, wird man sofort streng zurecht gewiesen, man soll bitte tief Luft holen und dann alles schnell am Stück nuscheln.

 Es gibt nämlich übrigensauch nur wenige Buchstaben, eigentlich nur M, A und N. Alle anderen haben höchstens Gastauftritte.

 Wie ich die Madegassenkenne, haben sie den Rest an ausländische Investoren verkauft, die die Buchstaben monatlich abbauen und weg verschiffen, wahrscheinlich wieder die Chinesen. Sämtliche Verben beginnen zudem mit M, eine Gleichschaltung, die dererste kommunistische Präsident damals beschlossen hat. Das Verb sein gibt es übrigens gar nicht.

 So bleibt also kaumVariationen übrig. Eine Menge Dinge heißen gleich oder unterscheiden sich nurdurch den letzten Buchstaben. Den die Madegassen aber grundsätzlich weglassen.

 Tausend heißt auch Abend,Hand heißt das gleiche wie Stadt, Norden das gleiche wie Gewitter, Waschen das gleiche wie Ananas und das gleiche wie Einladen, grün das gleiche wie geradeaus, Regen das gleiche wie Nase, links das gleiche wie Komm! Und Kämpfen das gleiche wie Handeln. Geld heißt beinahe so wie das, was man sagt, wenn jemand niest. Mure ist ein besonders tolles Wort, es bedeutet: langsam, leicht, billig, einfach und gut.

 Wohnen und sitzen heißt, jenachdem, etwas mit petra … So übersetzt sich das deutsche Wort Wohnsitz ganzleicht in Petrapetrapetraka.

Sagt also ein Madegasse zumanderen: Ich möchte dich einladen, in meine Wohnung nördlich von der Stadt. Geh links und dann geradeaus, da wohne ich. Wir essen dann bei Regen meine guteAnanas und sprechen über den letzten Handel.

Dann versteht der andere vielleicht: Ich werde dir die Hände waschen, wenn es das nächste Mal nachts Gewitter gibt! Komm gefälligst, du Grünschnabel, oder ich setz mich im Regen auf dich! Ach, die Einladung kannst du aufessen, du lahme Nase. Besser, wir prügeln uns!

Kein Wunder, dass die Politik nicht funktioniert.

 Dafür kann man alles insPassé setzen, sogar die Worte mit, nach und bei. Ich nehme an, auch das Wort Dschungel und Reichtum existiert nur noch in der Vergangenheit, (sie haben dann ein N vorne … Nungel? Klingt genau, wie es aussieht, nachdem es abgebrannt ist) denn die Madegassen sind ein frustriertes Volk. Bei der Wahl, die demnächst stattfindet, gewinnt sowieso der schlechtere, der alle ausnimmt, das wissen sie schon, ehe sie hingehen.

 Sein Wahlversprechen: MeineKandidatur bedeutet mehr Reis zu essen und eine Einladung zu besserer Gesundheitsversorgung, selbst abends!

 Reis-essen, ein eigenesWort, klingt rasch ausgesprochen verdächtig ähnlich dem Wort Verkaufen. Und vermutlich meinte er nicht Einladung, sondern Waschen, und auch nicht Gesundheit und Nacht, sondern Geld und Tausend. Was er also gesagt hat, ist: Wenn ihr mich wählt, werde ich das Land weiter verkaufen und mit gewaschenem Geld von vielen tausend Scheinen reich werden

 Hoffentlich veräußert ernicht auch noch das A und das M ins Ausland, sonst leben wir am Ende in Dgskr, und das können dann wirklich nur noch die Chinesen aussprechen.